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# taz.de -- Die Wahrheit: Schockgefrostete Heißsporne

> Samstag ist der Tag der Tiefkuehlkost. Dank einer guten alten
> amerikanischen Praesidentengattin und mittelalterlicher Verse aus dem Jahr
> 1178.

Bild: Ließen die Temperaturen gern schlagartig sinken: die Reagens
e

Gefroren hat der Mensch schon immer, zunaechst passiv in seiner Hoehle,
spaeter dann aktiv - und zwar ein-, um unverfrorene Nahrungsmittel haltbar
zu machen. Oder, wie aktuell: Impfstoffe. Nicht zuletzt deshalb feiern wir
morgen am 6. Maerz den „Tag der Tiefkuehlkost“. Das passt nicht nur
hervorragend in die winterliche Zeit, die mit dem klimawandelbedingten
Fruehling im Februar laengst keine mehr ist, sondern auch zur Aufwaermung des
guten alten Kalten Krieges.

In Deutschland wurden 2019 rund 100.000 Tonnen Frostgemuese mehr produziert
als vor zehn Jahren, und damit sind keine Biotonnen gemeint - und auch kein
Eisbergsalat. Tatsaechlich ist es so, dass der Naehrstoff- und Vitamingehalt
von eingefrorenen Lebensmitteln deutlich hoeher liegt als bei solchen, die
wenige Tage bei Zimmertemperatur gelagert wurden. Nach sechs Monaten in der
Truhe zerfallen die Vitamine allerdings, lassen sich aber immer noch mit
Schippe und Handfeger aufsammeln und zu lecker Saft verarbeiten, getreu den
der Tegernseer Briefsammlung aus dem Jahr 1178, in denen es heißt:
„Vitamîn, ich bin dîn, des solt dû gewis sîn.“

Nur wenig spaeter, um das Jahr 1550, soll der spanische Arzt Blasius
Villafranka die Abkuehlung von Wasser mit Salpeter vorangetrieben haben.
Davor konnte man gefaehrdete Ware nur an kalten Orten wie Labrador,
Spitzbergen oder Wernigerode laengere Zeit lagern.

Selbstverstaendlich eignet Tiefkuehlkost eine hervorragende Klimabilanz, auch
wenn wir uns fragen, ob es angesichts des diesjaehrigen bitterkalten Winters
ueberhaupt Gefrierschraenke gebraucht haette, mit Temperaturen, die den
Klimawandelleugnern in die Haende gespielt haben. Fest steht, dass
Tiefkuehlkost mit seinen traditionell niedrigen Temperaturen die
Erderwaermung insgesamt nach unten drueckt.

## Experimente mit Schnee

Schon Alexander der Große und Kaiser Nero sollen mit Eis und Schnee
experimentiert haben. Nero entwickelte sich dann aber in die gegensaetzliche
Richtung und befeuerte harfenspielend seine Legende als Heißsporn Roms.

Carl von Linde schließlich gilt als Urvater der Kaeltemaschine, die mit
Ammoniakverfluessigung arbeitete. Die Franzosen bewerkstelligten dies
natuerlich mit Armagnac, sie wissen eben genau, was besser schmeckt.

Der Siegeszug des Fischstaebchens und letztlich auch des „Blubbs“ begann
kurz vor dem Ersten Weltkrieg, als ein daenischer Fischimporteur seine Ware
in einer Sole mit einem Salzgehalt von … aber das wuerde zu weit fuehren,
jedenfalls erhielt der Mann dafuer im Jahr 1911 den Tiefkuehlnobelpreis.
Seither entscheiden sich die Menschen zwischen „schockgefrostet“ und
„gefriergetrocknet“, und die Aufforderung „Freeze!“ ist nicht nur von
Polizisten in amerikanischen TV-Serien zu hoeren.

## Rituale des Auftauens

Einfrieren gilt unveraendert als schonendste Konservierungsform. In den
großen Konservatorien werden laengst ganze Menues heruntergekuehlt und von
waghalsigen Eismann- oder Bofrost-Piloten zu den Mikrowellen der Republik
gebracht, meist in horrendem Tempo durch verkehrsberuhigte Zonen, als
handele sich um verderbliche Ware. Nicht selten treffen sich nach der
Lieferung vor allem saucoole Hausmaenner zu fragwuerdigen Auftauritualen,
waehrend Singles ihre Mahlzeiten ueberwiegend beim Anschauen von Kochshows
auftauen.

Urbane Legenden berichten davon, dass es vor allem auf dem politischen
Parkett kaltbluetige Personen gibt, die mit ihrem bloßen Erscheinen die
Raumtemperatur ins Bodenlose sacken lassen koennen, da muss man nicht eigens
Namen nennen wie Christian Lindner, Sahra Wagenknecht oder Nancy Reagan.

Moment mal, was hat die einstige amerikanische Praesidentengattin hier nur
verloren? Nun, es war ihr Mann Ronald, der am 6. Maerz 1984 eiskalt den
„National Frozen Food Day“ auf Betreiben seiner Gattin einfuehrte. Wehe dem,
der in jenen Zeiten zum Dinner ins Weiße Haus geladen war und sein
Frostschutzmittel vergessen hatte.

5 Mar 2021

## AUTOREN

Thomas C. Breuer

## TAGS

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